Berufung im Strafrecht
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Berufung kann im Strafrecht gegen Urteile des Amtsgerichts eingelegt werden.
- Die Berufung dient der rechtlichen und tatsächlichen Überprüfung des Urteils.
- Gegen das Berufungsurteil kann die Revision eingelegt werden. Im Rahmen der Revision wird allerdings lediglich geprüft, ob Rechtsfehler vorliegen.
Was ist eine Berufung?
Mit der Berufung wird ein Gerichtsurteil in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht überprüft. Die Berufung zeichnet sich dadurch aus, dass das Gerichtsurteil vollständig überprüft wird. In einem Berufungsverfahren können beispielsweise auch Beweise neu erhoben werden oder neue Beweise in den Prozess eingeführt werden. Die Berufung ist somit sehr aufwendig, da das Gerichtsverfahren vollständig neu stattfindet. Deshalb ist die Berufung im Strafrecht nur bei amtsgerichtlichen Urteilen statthaft. Zuständig für die Berufung ist das Landgericht, in dessen Bezirk sich das Amtsgericht befindet, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat. Eine Berufung nimmt in der Regel einige Monate in Anspruch, kann allerdings auch mehr als ein Jahr dauern.
Sollte eine Berufung keinen Erfolg haben, besteht die Möglichkeit, Revision einzulegen.
Wie hoch sind die Erfolgsaussichten einer Berufung?
Die Erfolgsaussichten einer Berufung liegen bei ca. 45 %. Das bedeutet, dass in circa 50 % aller Berufungen das Urteil jedenfalls teilweise zugunsten des Angeklagten abgeändert wird. Bei den meisten erfolgreichen Berufungen wird das Urteil allerdings nur teilweise abgeändert. Im Rahmen der Berufung besteht weiterhin die Möglichkeit, dass das Verfahren eingestellt wird. Bei circa 20 % aller erfolgreichen Berufungen kann eine Einstellung des Verfahrens erreicht werden.
(Quelle: Statistisches Bundesamt)
Wer kann die Berufung einlegen?
Die Berufung können der Angeklagte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft einlegen. Gibt es in Ausnahmefällen die Möglichkeit, dass weitere Personen die Berufung einlegen können, so ist beispielsweise auch ein Nebenkläger befugt, Berufung einzulegen.
Der Angeklagte, sein Verteidiger und ein etwaiger Nebenkläger können die Berufung nur einlegen, soweit sie beschwert sind. Ob ein Beschwer vorliegt, beurteilt sich anhand des Tenors des Urteils. Soweit der Beklagte zu einer Strafe verurteilt wurde (z. B. Freiheitsstrafe, Geldstrafe), ist er beschwert. Der Beklage ist dann nicht beschwert, wenn er freigesprochen wurde. Der Nebenkläger kann zum Beispiel Berufung einlegen, wenn der Angeklagte wegen eines angeklagten Nebenklagedelikts freigesprochen wurde. Wurde das Verfahren nach §§ 153 ff. StPO eingestellt, kann der Nebenkläger dagegen nicht vorgehen.
Wie sind die Voraussetzungen der Berufung?
Sofern die folgenden Voraussetzungen vorliegen, hat eine Berufung Aussicht auf Erfolg:
Ist der Angeklagte zu einer Geldstrafe von nicht mehr als fünfzehn Tagessätzen verurteilt worden, beträgt im Falle einer Verwarnung die vorbehaltene Strafe nicht mehr als fünfzehn Tagessätze oder ist eine Verurteilung zu einer Geldbuße erfolgt, so ist die Berufung nur zulässig, wenn sie angenommen wird. Das gleiche gilt, wenn der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von nicht mehr als dreißig Tagessätzen beantragt hatte.
- Statthaftigkeit: Die Berufung ist gegen Urteile des Amtsgerichts zulässig, § 312 StPO.
- Keine Ausnahme: Es darf keine Ausnahme vorliegen, wonach die Berufung unzulässig ist. Wenn die Strafe sehr gering ausgefallen ist oder der Angeklagte freigesprochen wurde, aber die Staatsanwaltschaft auch nur eine sehr geringe Strafe beantragt hat, ist die Berufung nur zulässig, wenn das Berufungsgericht die Berufung annimmt, § 313 StPO.
- Berechtigung: Berechtigt, die Berufung einzulegen, sind der Beschuldigte sowie sein Verteidiger, die Staatsanwaltschaft und etwaige Nebenkläger (s. o.).
- Beschwer: Der Angeklagte, sein Verteidiger und der Nebenkläger können die Berufung nur einlegen, soweit sie beschwert sind. Der Angeklagte ist beschwert, wenn er verurteilt wurde. Wurde der Angeklagte hingegen freigesprochen, ist er auch dann nicht beschwert, wenn das Urteil eine seiner Meinung nach nachteilige Begründung enthält. Der Nebenkläger ist nur dann beschwert, wenn der Angeklagte wegen eines angeklagten Nebenklagedelikts freigesprochen wurde.
- Kein Verzicht / keine Rücknahme: Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn auf die Berufung wirksam verzichtet wurde oder die Berufung bereits eingelegt wurde und anschließend wieder zurückgenommen wurde.
- Form & Frist: Die Berufung muss innerhalb einer Woche nach Verkündung des Urteils eingelegt werden. Es ist nicht erforderlich, die Berufung zu begründen. Um die Erfolgsaussichten zu erhöhen, ist es allerdings sinnvoll, eine Berufungsbegründung einzureichen. So kann aufgezeigt werden, welche Fehler gemacht wurden, damit das Berufungsgericht zielgerichtet vorgehen kann. Andernfalls besteht das Risiko, dass das Berufungsgericht den gleichen Rechtsfehler noch einmal macht. Es ist sinnvoll, die Berufungsbegründung schriftlich einzureichen.
Wie läuft die Berufung ab?
Die Berufung führt zu einem umfangreichen Berufungsprozess. Bei der unbeschränkt eingelegten Berufung überprüft das Berufungsgericht neben Rechtsfragen auch die tatsächlichen Entscheidungen des Ausgangsgerichts, sodass die Berufung zu einem umfangreichen neuen Prozess führt. Insgesamt läuft die Berufung folgendermaßen ab:
- Berufung einlegen: Innerhalb von einer Woche nach Verkündung des Urteils muss die Berufung eingelegt werden. Es ist möglich, die Berufung auf einzelne Aspekte zu beschränken (vgl. § 318 StPO).
- Begründung: Es ist nicht erforderlich, aber empfehlenswert, die Berufung zu begründen. Hintergrund ist, dass das Berufungsgericht so direkt auf die Punkte aufmerksam gemacht wird, die aus Sicht des Angeklagten fehlerhaft sind.
- Berufungshauptverhandlung: Anschließend kommt es zu der Hauptverhandlung im Berufungsverfahren. Im Wesentlichen entspricht der Termin der Berufungshauptverhandlung dem Verlauf einer Hauptverhandlung im erstinstanzlichen Verfahren. Es werden beispielsweise Zeugen und der Angeklagte vernommen.
- Ergebnisse der Berufung: Abhängig vom Verlauf der Berufungshauptverhandlung fällt das Gericht seine Entscheidung. Kommt das Berufungsgericht zu dem gleichen Ergebnis wie das Ausgangsgericht, wird das bisherige Urteil bestätigt und die Berufung abgewiesen. Kommt das Berufungsgericht zu einem anderen Ergebnis als das Ausgangsgericht, wird das bisherige Urteil aufgehoben. Das Berufungsgericht kann die Strafe schärfen oder mildern. Eine Strafschärfung kommt nur in Betracht, wenn auch oder nur die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt hat. Es ist auch möglich, dass der Angeklagte vollständig oder teilweise freigesprochen wird.
- Revision: Sollte die Berufung nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, besteht die Möglichkeit, gegen das Berufungsurteil Revision einzulegen. Im Rahmen der Revision wird das Urteil ausschließlich auf Rechtsfehler überprüft. Es erfolgt also keine erneute Beweisaufnahme im Rahmen des Revisionsprozesses.
Ist es sinnvoll, Berufung einzulegen?
Ob es sinnvoll ist, Berufung einzulegen, lässt sich allgemein nicht beurteilen. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Für die Berufung spricht, dass die Berufung der einzige Weg ist, tatsächliche Entscheidungen des Gerichts überprüfen zu lassen. Sollte nur der Angeklagte die Berufung einlegen, kann sich die Situation für den Angeklagten nur verbessern oder gleichbleiben.
Allerdings sind mit der Berufung auch einige Nachteile verbunden:
- Zeit: Der Berufungsprozess nimmt wiederum viel Zeit in Anspruch und kann sehr nervenaufreibend sein. Bei geringfügigen Strafen sollte man sich deshalb überlegen, ob eine Berufung sinnvoll ist.
- Kosten: Wenn der Angeklagte verurteilt wurde und die Berufung keinen Erfolg hat, trägt der Angeklagte die auch die zusätzlichen Kosten der Berufung. Wurde der Angeklagte hingegen verurteilt und hat die Berufung Erfolg, werden dem Angeklagten die Kosten für das Ausgangsverfahren erstattet. Kostentechnisch hat die Berufung also sowohl Chancen als auch Risiken.
- Verböserung: Wenn der Angeklagte Berufung einlegt, legt in vielen Fällen auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Dies hat zur Folge, dass das Verböserungsverbot nicht greift und die Möglichkeit der Verböserung besteht.
Was ist die Rücknahme der Berufung?
Eine Berufung kann zurückgenommen werden, nachdem die Berufung eingelegt wurde. Ein solcher Schritt sollte allerdings gut überlegt sein. Nach der Rücknahme einer Berufung ist es nicht möglich, die Berufung erneut einzulegen. Es ist in den meisten Fällen auch nicht mehr möglich, die Revision einzulegen, da die Frist für die Einlegung der Revision bereits abgelaufen ist. Außerdem trägt der Zurücknehmende die Kosten des Berufungsverfahrens, wobei die Kosten bei der Rücknahme der Berufung deutlich günstiger sind als die Kosten wären, wenn die Berufungshauptverhandlung stattgefunden hätte.
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