Revision im Strafverfahren
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Revision ist eine Möglichkeit, überprüfen zu lassen, ob das Strafgericht rechtliche Fehler gemacht hat.
- Die Revision ist gegen alle Urteile im Strafrecht möglich, außer gegen Revisionsurteile selbst.
- Die Alternative zur Revision ist die Berufung, welche allerdings nur bei Urteilen des Amtsgerichts möglich ist.
Was ist eine Revision im Strafrecht?
Mit einer Revision im Strafrecht können Urteile auf Rechtsfehler überprüft werden. Nachdem im Strafrecht ein Urteil gefällt wurde, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, das Urteil überprüfen zu lassen. Dafür stehen die folgenden Rechtsmittel zur Verfügung:
- Revision: Wenn Sie überprüfen möchten, ob das Gericht das Recht richtig angewendet hat, ist die Revision der richtige Rechtsbehelf.
- Berufung: Wenn Sie der Meinung sind, dass das Gericht Tatsachen nicht berücksichtigt hat, die es hätte berücksichtigen müssen, oder Beweismittel falsch bewertet hat, dann ist die Berufung der richtige Rechtsbehelf.
Die Revision und die Berufung unterscheiden sich dadurch, dass bei der Revision nur Rechtsfragen überprüft werden, während bei der Berufung der Prozess vollständig neu aufgerollt wird.
Folgende Aspekte sind für die Revision wichtig:
- Amtsgericht & Landgericht: Die Revision kann gegen alle Urteile eingelegt werden, also sowohl gegen Urteile des Amtsgerichts als auch des Landgerichts. Die Berufung kann nur gegen Urteile des Amtsgerichts eingelegt werden. Außerdem kann die Revision auch gegen Berufungsurteile eingelegt werden. Wenn Sie also gegen ein amtsgerichtliches Urteil Berufung einlegen, können Sie gegen das Berufungsurteil Revision einlegen. Es ist allerdings nicht möglich, gegen ein Revisionsurteil wiederum eine Revision einzulegen.
- Zuständiges Gericht: Wird die Revision gegen ein Urteil des Landgerichts eingelegt, ist der BGH zuständig. Wird die Revision gegen ein Berufungsurteil des Landgerichts oder ein Urteil des Amtsgerichts eingelegt, ist das Oberlandesgericht zuständig.
- Frist: Die Revision muss innerhalb von einer Woche nach Verkündung des Urteils eingelegt werden. Für die Begründung der Revision besteht eine Frist von einem Monat.
- Noch keine Bestrafung: Während der Revision ist die Rechtskraft des Urteils gehemmt. Das bedeutet insbesondere, dass Sie eine Gefängnisstrafe erst nach dem Abschluss der Revision antreten oder eine Geldstrafe erst nach Abschluss der Revision bezahlen müssen.
- Staatsanwaltschaft: Auch die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit, Revision einzulegen. Die Besonderheit besteht darin, dass die Staatsanwaltschaft auch zugunsten des Angeklagten Revision einlegen kann. Solche Revisionen sind allerdings selten.
Wie ist der Ablauf einer Revision?
Das Revisionsverfahren besteht im Wesentlichen aus zwei Bestandteilen. Dem schriftlichen „Vorverfahren“, in dem die Revision begründet wird, und der Entscheidung durch das Gericht. Das Revisionsverfahren hat die Besonderheit, dass es ein schriftliches Verfahren ist. Es findet also fast nie eine mündliche Verhandlung statt. Hintergrund ist, dass keine neuen Beweise o.ä. erhoben werden müssen, sodass eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Insgesamt läuft die Revision folgendermaßen ab:
- Revision einlegen: Innerhalb von einer Woche nach der Verkündung des Urteils muss die Revision eingelegt werden. Die Revision muss bei dem Gericht eingelegt werden, welches das Urteil gefällt hat, das mit der Revision angegriffen wird.
- Revision begründen: Die Revision muss innerhalb von einem Monat begründet werden. Die Anforderungen an die Begründung der Revision sind sehr hoch. Damit eine Revision Aussicht auf Erfolg hat, muss präzise dargelegt werden, welcher Fehler vorliegt. Bei der Revision kommen verschiedene Fehler in Betracht, die genauen Anforderungen an die Begründung der Revision hängen davon ab, welcher Fehler gerügt werden soll.
- Stellungnahme: Sofern der Angeklagte bzw. sein Verteidiger die Revision eingelegt hat, stellt die Staatsanwaltschaft beim Revisionsgericht einen Antrag zu der Revision. Der Angeklagte hat dann das Recht, innerhalb von zwei Wochen eine Gegenerklärung abzugeben. Wenn die Staatsanwaltschaft die Revision einlegt, hat der Angeklagte die Möglichkeit, sich zu der Revision zu äußern.
- Entscheidung: Anschließend entscheidet das Revisionsgericht über die Revision. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet. Mündliche Verhandlungen sind bei der Revision allerdings sehr selten.
Wie kann das Revisionsgericht entscheiden?
Das Revisionsgericht entscheidet darüber, ob die Revision begründet ist oder nicht. Dabei kann das Revisionsgericht sehr viele Handlungsoptionen. Das Revisionsgericht kann nicht nur ein eigenes Urteil fällen, sondern auch das Urteil aufheben und das Verfahren zurück an das ursprüngliche Gericht zu geben. Insgesamt hat das Revisionsgericht folgende Entscheidungsmöglichkeiten:
- Verwerfen: Das Revisionsgericht kann die Revision verwerfen. Beispielsweise kann eine Revision verworfen werden, weil nicht ausreichend dargelegt wird, weshalb ein Rechtsverstoß vorliegt. Außerdem kann eine Revision verworfen werden, wenn kein Rechtsverstoß durch das Gericht vorliegt. In einem solchen Fall wird das Urteil dann rechtskräftig.
- Aufheben: Das Revisionsgericht kann das Urteil aufheben und die Sache an das ursprüngliche Gericht zurückweisen. Das Ausgangsgericht muss dann nach einem neuen, rechtsfehlerfreien Verfahren erneut eine Entscheidung treffen.
- Freispruch: Das Revisionsgericht hat auch die Möglichkeit, das Urteil aufzuheben und den Angeklagten freizusprechen.
- Einstellung: Das Revisionsgericht kann das Urteil auch aufheben und das Verfahren (gegen Auflage) einstellen.
- Änderung: Dazu hat das Revisionsgericht die Möglichkeit, das ursprüngliche Urteil aufzuheben und abzuändern. Eine Verböserung der Strafe ist allerdings nur möglich, wenn (auch) die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hat. Wenn nur der Angeklagte Revision einlegt, ist es nicht möglich, das Urteil zulasten des Angeklagten zu verbösern.
Wie sind die Voraussetzungen für eine Revision?
Die Prüfung, ob eine Revision Aussicht auf Erfolg hat, besteht aus zwei Schritten. Zum einen muss die Revision zulässig sein, zum anderen muss die Revision auch begründet sein.
Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, ist die Revision zulässig:
- Statthaft: Die Revision ist gegen Revisionsurteile nicht statthaft. Der Angeklagte kann also nicht gegen ein Revisionsurteil selbst Revision einlegen. Im Übrigen ist die Revision gegen alle Urteile statthaft.
- Berechtigung: Dazu muss die Berechtigung bestehen, die Revision einlegen zu können. Grundsätzlich dürfen der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Revision einlegen. In bestimmten Fällen sind auch Nebenkläger berechtigt, Revision einzulegen.
- Beschwer: Der Beschuldigte darf nur Revision einlegen, wenn er beschwert ist. Das bedeutet, dass das Urteil eine negative Folge enthält. Entsprechend kann der Beschuldigte keine Revision einlegen, wenn er freigesprochen wurde. Die Staatsanwaltschaft darf auch eine Revision einlegen, ohne beschwert zu sein.
- Form & Frist: Dazu muss die Revision innerhalb von einer Woche nach Verkündung des Urteils eingelegt werden. Die Revision muss schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden.
- Begründung: Dazu muss die Revision innerhalb von einem Monat schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden.
- Kein Ausschluss: Die Revision ist ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn auf die Revision wirksam verzichtet wurde oder bereits eine Revision eingelegt und dann wieder zurückgenommen wurde.
Wenn die Revision zulässig ist, prüft das Revisionsgericht anschließend, ob die Revision auch begründet ist. Voraussetzung ist dafür, dass eine Rechtsverletzung durch das Gericht besteht. Aus folgenden Gründen kann eine Revision begründet sein:
- Verfahrenshindernis: Ein Verfahrenshindernis liegt vor, wenn der Angeklagte nicht hätte verurteilt werden dürfen. Beispielsweise verjähren Straftaten in Deutschland, wird ein Angeklagter nach Ablauf der Verjährungsfrist verurteilt, besteht ein Verfahrenshindernis und die Revision wäre begründet.
- Verfahrensrüge: Wenn das Gericht im Laufe des Verfahrens einen Fehler macht, kann die Verfahrensrüge erhoben werden. Eine Verfahrensrüge liegt beispielsweise vor, wenn das Gericht zu Unrecht in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt hat. Bei Verfahrensrügen stellen die Revisionsgerichte sehr hohe Anforderungen an die Revisionsbegründung. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die Revision von einem erfahrenen Anwalt erhoben wird, um Aussicht auf Erfolg zu haben.
- Sachrüge: Bei einer Sachrüge wird geltend gemacht, dass das Gericht das materielle Recht falsch angewendet hat. Wenn beispielsweise das Gericht zu einer zu hohen Strafe verurteilt, hat es das Gesetz fehlerhaft angewendet. In einem solchen Fall ist die Sachrüge sinnvoll.
Wie hoch sind die Erfolgsaussichten einer Revision?
Circa 20 % der Revisionen haben jedenfalls teilweise Erfolg. Strafverteidiger mit Erfahrung im Revisionsrecht können somit häufig erfolgreiche Revisionen einlegen. Vollständig erfolgreich sind allerdings lediglich ca. 3-4 % aller Revisionen. Weitere ca. 15 % der Revisionen haben allerdings teilweise Erfolg. Aus folgenden Gründen haben nur recht wenig Revisionen Erfolg:
- Wenig Erfahrung: Die Anforderungen der Gerichte an Revisionen sind sehr hoch. Insbesondere bei Verfahrensrügen ist viel Erfahrung erforderlich, um die stetig steigenden Anforderungen der Gerichte zu erfüllen.
- Verzögerung: Die Revision wird teilweise auch eingelegt, um die Rechtskraft des Urteils zu verzögern. Erst nach der Revision tritt die Rechtskraft des Urteils ein. Erst mit der Rechtskraft muss eine Haft angetreten oder Geldstrafe bezahlt werden. Wer somit die Haft verzögern möchte, kann Revision einlegen, um den Haftantritt hinauszuzögern.
- Umfängliches Vorgehen: Es ist grundsätzlich möglich, die Revision zu beschränken. Dies hat allerdings oft keine wirklichen Vorteile. Um die Erfolgswahrscheinlichkeiten zu erhöhen, wird deshalb so umfangreich wie möglich Revision eingelegt, um zu hoffen, dass die Revision wenigstens teilweise begründet ist. Dieses – übliche – Vorgehen hat zur Konsequenz, dass viele Revisionen nur teilweise begründet sind.
Was passiert, wenn die Revision abgelehnt wird?
Wenn die Revision abgelehnt wird, ist das Urteil rechtskräftig und es stehen nur noch sehr wenige Rechtsbehelfe zur Verfügung. Grundsätzlich ist die Revision die letzte Option, um das Urteil inhaltlich zu ändern. Nach einer erfolglosen Revision bestehen noch folgende Optionen:
- Verfassungsbeschwerde: Es besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Option, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Allerdings dauern Verfassungsbeschwerden sehr lange und haben nur ganz selten Aussicht auf Erfolg.
- Wiederaufnahme des Verfahrens: Wenn neue Tatsachen auftauchen oder ein Zeuge absichtlich falsch ausgesagt hat, kann das Verfahren wieder aufgenommen werden.
Unsere Expertise im Revisionsrecht
Dr. Sebastian Seel hat sich schon im Studium intensiv mit dem Revisionsrecht beschäftigt. Als Anwalt hat er sich von Anfang an auf das Revisionsrecht spezialisiert. Dr. Sebastian Seel ist nun seit längerer Zeit für Schneider || Mick tätig. Neben der anwaltlichen Arbeit ist Dr. Sebastian Seel wissenschaftlich tätig und Autor vieler wissenschaftlicher Publikationen. Viele seiner Publikationen behandeln Fragen des Revisionsrechts. Dr. Sebastian Seel berät dazu auch vertieft in Fragen des Wirtschaftsstrafrechts, wo er auf mehrjährige Erfahrung zurückgreifen kann. Die Promotion von Dr. Sebastian Seel wurde mit dem Staedtler-Promotionspreis ausgezeichnet und mehrfach von renommierten Juristen rezensiert.
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